Mit dem Horizont einer Weinbergschnecke…

Hurra, es gibt eine neue Hetzschrift!

Diego Diaz, flickr.com

Herr Magister der Europäischen Ethnologie und Gender Studies, Robert Claus, hat in einer beeindruckenden Vorstellung von objektiver und sachlicher Forschung wieder unter Beweis gestellt, dass man alles beweisen kann wenn man nur sämtliche Gegenargumente ignoriert. Und wenn man sich seine Quellen entsprechend aussucht.

Schon der Titel ist vielversprechend: „Maskulismus – Antifeminismus zwischen vermeintlicher Salonfähigkeit und unverhohlenem Frauenhass“. In erfrischender Sachlichkeit lernt der geneigte Leser, dass im Maskulinismus…

Gefahr [liegt], hat er doch eine Vielzahl an Aktivitäten entwickelt, die in ihrer Wirkung nicht zu unterschätzen sind. Seine Forderungen nach Geschlechtergleichstellung für Männer öffneten bereits die Tür so mancher Institution.

Perdauz – die Geschlechtergleichstellung hat etwas für Männer erreicht! Hat da jemand etwa den Sinn von Gleichstellung nicht verstanden? Männer beherrschen doch schon die ganze Welt, die sind ja schon gleichgestellt! Alle!

Dass die ganze Studie auf dieser Grundannahme fußt hat auch Offene Flanke erkannt:

Die Grundannahme der “männlichen Herrschaft” wird hier einfach als Wahrheit gesetzt. Dann ist es auch leicht, die Intention des Maskulismus zu bestimmen: Er will die bröckelnde Männerherrschaft retten. Denn die männliche Herrschaft, das ist die Herrschaft des Großkollektivs der Männer.

Aber woher bezieht der Autor seine Daten? Ich habe mir mal die Fußnoten durchgesehen, nachdem mir recht häufig eine bestimmte Adresse aufgefallen ist. Claus bezieht sein Bild des Maskulisten von der Karrikatur, die im gelben Forum gezeichnet wird. Einundzwanzig mal taucht http://www.wgvdl.com in den Fußnoten auf.

Das ist in etwa so als würde man sich ein Bild von Feministen machen, indem man sich ausschließlich auf Jezebel konzentrieren würde, wo häusliche Gewalt gefeiert wird – wenn sie nur gegen Männer geht.

Die gebotene Sachlichkeit dieser Expertise lobt auch Mein Senf, wenn er schreibt

Es ist bezeichnend, dass es für einen Magister der Gender Studies unvorstellbar ist, dass es Kritikpunkte am Feminismus gibt, die nicht auf Frauenhass basieren. Wer sich ernsthaft und wissenschaftlich mit dem Maskulismus beschäftigt, sollte schon auch ein paar Dinge finden, warum es Maskulisten überhaupt gibt, und das jenseits einer “Patriachatserhaltung”. Geschlechtsdiskriminierende Gesetze? Kein Wort dazu. Ausschliesslich weibliche Gleichstellungsbeauftragte? Beschneidung?

Aber leider – Fehlanzeige. Was auch wenig überrascht, wenn der Autor sich z.B. genötigt fühlt nach diesem Satz

Wandelbarkeit liegt in der „Natur der Geschlechterverhältnisse“

sofort mit einer Fußnote zu erklären, dass

nicht gesagt sein soll, die Geschlechterverhältnisse seien „natürlich“ – ganz im Gegenteil.

Aha.

Na dann is ja jut, man hätte ihm das – wenn es nur unkommentiert geblieben wäre – glatt als Ketzerei auslegen können.

Abschließen muss auch diese Expertise mit dem üblichen Urteil:

Dennoch ist der Maskulismus nicht zu unterschätzen. Er kann eine gesellschaftspo- litische Allianz zusammen mit patriarchalen Bewegungen dezidiert rechtsextremer als auch religiös fundamentalistischer Couleur bilden. Sie eint ihre geschlechterpo- litische Programmatik. In beiden Spektren wird einer `natürlich` fundierten Ge- schlechterordnung das Wort geredet und sie entweder völkisch-nationalistisch (vgl. Lehnert 2010) oder religiös-missionarisch (vgl. Riesebrodt 1990) aufgeladen. Diese Verbindungen und inhaltlichen Überschneidungen sind keineswegs zu übersehen.

Das ist sicherlich richtig so, immerhin hat der Mann studiert und weiß daher, dass es zur Aufgabe eines Wissenschaftlers gehört, sich möglichst Umfassend und von mehreren Seiten aus betrachtend ein Bild seines Forschungsgegenstandes zu machen.

Oh, pardon – das wäre ja althergebrachte Wissenschaft, eines Genderwissenschaftlers also unwürdig.

Update:

Gerade ist mir diese anstelle im Text aufgefallen, die Arne Hoffmann auch auf Genderama zitiert:

Nichtsdestotrotz sind derlei Erscheinungen aufgrund ihres vermeintlich entschärften Antifeminismus sowie ihres weiterhin positiven Bezugs auf den Begriff des Maskulismus gefährlich.

Dem ist eine deutliche Naturalisierung von Männlichkeit inhärent, welche in einem Buch mit besagtem Titel zurecht den Verdacht erweckt, dass hinter moderateren Tönen aggressive Gedanken männlicher Herrschaft verborgen sind.

Keinesfalls darf vorschnell und aufgrund vermeintlich moderaterer Töne eine gesellschaftliche Salonfähigkeit bescheinigt werden.

Die haben Angst.

Vor dem Verlust der Deutungshoheit. Davor, dass sich irgendjemand mit einem moderaten Maskulinisten unterhalten könnte, ohne zuvor korrekt gebrieft worden zu sein. Ohne dass derjenige weiß, dass keinesfalls vorschnell aufgrund moderater Töne eine Salonfähigkeit bescheinigt werden darf. Man stelle sich vor, nachher kommt der noch auf die Idee sich die falsche Meinung zu bilden.

Da ist das ganze Pamphlet voll mit Verweisen auf das gelbe Forum. Die schreiben nicht nur nicht über moderate Maskus, sondern zitieren fast ausschließlich den Teil der Szene, der so schön saftig gepfefferte Sprüche ins Internet stellt die man hübsch auspressen und zu einem Giftkocktail verkokchen kann. Und dann tun sie so, als ob alle gleich ticken würden – nur dass die Vertreter mit akademischen Titeln hinterhältig Genug sind, ihren Hass hinter einer gemäßigten Fassade zu verbergen.

Mir sagt das folgendes: der sogenannte „gemäßigte Flügel“ wird durchaus wahrgenommen. Und weil sie nichts besseres haben das sie dagegen einsetzen können, wird er über Assoziation ins schiefe Licht gerückt.

Arne, deine Strategie funktioniert.

Auch zum Thema:

Bild: Creative Commons, Diego Diaz, flickr.com

Über Sir Mortimer

Uh yeah. THAT guy.
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14 Antworten zu Mit dem Horizont einer Weinbergschnecke…

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  3. Michael Klein schreibt:

    Ich finde, Du solltest Dich bei Weinbergschnecken entschuldigen. Da ich aus einem Weinbaubetrieb entstamme und Weinbergschnecken aus nächster Nähe studieren konnte, weiß ich, dass sie eine methodische Herangehensweise an das Weinblatt haben, sich dem Weinblatt auf Basis einer theoretischen Vorbildung nähern, die nicht nur Informationen zu Struktur und Umfang des Weinblattes bereit stellt, sondern die Möglichkeit des Scheiterns an den realen Gegebenheiten in sich trägt, etwa dann, wenn das Weinblatt sich als dürr herausstellt, ob einer zu intensiven Bearbeitung durch den Traktor. In diesem Fall modifiziert die Weinbergschnecke ihre theoretische Erwartung über das Weinblatt und zieht erfolgreich zum nächsten Weinstock!

    Wo sieht man Vergleichbares bei diesem genderstudierten europäischen Ethnologen? Wo sieht man Methode, hat gar den Hauch einer Theorie in seinem Machwerk erspäht. Nein, er bleibt weit hinter der Weinbergschnecke zurück und erreicht bestenfalls das Niveau eines Genderstudierten, von dem ich bislang nicht sicher bin ob es oberhalb oder unterhalb der Debilität anzusiedeln ist.

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  4. Mit scheint, dass er schlicht gar nicht recherchiert hat, sondern einfach bei den anderen abgeschaut hat. Müsste man mal gegenprüfen.

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  5. Matze schreibt:

    Das Opfer-Monopol muss verteidigt werden und darum darf es keine Männer geben, die diskriminiert werden (können). Und da es die nicht gibt, müssen die Maskulisten ja folglich etwas anderes, böses planen. So wie Männerbunde es schon immer getan haben. Es muss für Feministinnen ja beruhigend sein zu wissen das Steuergelder dafür eingesetzt werden, aktiv die Interessenvertretung für zumindestens einen Teil der Männer zu bekämpfen. Mit Leuten die als rückständig, hasserfüllt und frauenfeindlich gelten kann man nur schwer Sympahtie oder Empahtie entwickeln und da glaubt man auch ohne Fakten an deren schlechte Absichten. Man stelle sich vor, sowas würde ein westlicher Staat bzgl. Frauenthemen machen.

    P.S.: Der Jezebel-Link, wo häusliche Gewalt gegen Männer gefeiert wird ist ja interessant. Feminismus ist eben auch gut für Männer 😉

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  7. virtualcd schreibt:

    @Martin
    „Die haben Angst.
    Vor dem Verlust der Deutungshoheit. “

    Sie so aus. Finde ich ein ermutigendes Zeichen …

    Mir scheint, dass solcherart gestrickte Propaganda ähnlich wie der alberne „Aufschrei“-Quatsch oder „Herr Professorin“-Gestörtheiten Bewegungsmomente der inneren Erosion des femizentrischen Mainstreams sind.

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    • Martin Domig schreibt:

      …eben weil es der feministische Mainstream ist. Was die breite Öffentlichkeit von solchen Aktionen denkt steht auf einem anderen Blatt. Nämlich auf einem Blatt, über das die Gendertheologen vermutlich „Backslash“ als Überschrift setzen würden.

      Das wurde (hier in Österreich) unlängst mit der Hymnendiskussion (Heimat bist du großer Töchter und Söhne) deutlich, und gerade anlässlich des offenen Briefes gegen das Binnen-I in den Abendnachrichten (Zib2, vergleichbar mit der Tagesschau) diskutiert.

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      • michael schreibt:

        „Das wurde (hier in Österreich) unlängst mit der Hymnendiskussion (Heimat bist du großer Töchter und Söhne) deutlich, und gerade anlässlich des offenen Briefes gegen das Binnen-I in den Abendnachrichten (Zib2, vergleichbar mit der Tagesschau) diskutiert. “

        Die aktuelle Situation in Austria und das Verhalten und die Massregelung der dortigen Frauenministerin HH wäre ein eigener Beitrag wert – absurd !

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